Das Eckgrundstück zwischen Neunlindenstraße und Freiladestraße, welches im südwestlichen Bereich des Güterbahnhof-Areals liegt, ist eines der letzten zu überplanenden Grundstücke im Gebiet. Die Freiburger Stadtbau investiert damit in das dritte Bauvorhaben auf dem Güterbahnhof-Areal. Auf dem Grundstück sollen zirka 150 öffentlich geförderte Mietwohnungen und zirka 9.900 Quadratmeter Wohnfläche sowie Gewerbeflächen im Erdgeschoss entstehen, die voraussichtlich im Teileigentum zum Kauf angeboten werden.
Der Siegerentwurf stammt von dem Büro AllesWirdGut Architektur ZT GmbH aus Wien.
Die Freiburger Stadtbau GmbH hatte im Rahmen eines konkurrierenden Verfahrens fünf Architektur-Büros aus Freiburg, Heilbronn, Stuttgart, Frankfurt und Wien eingeladen. Aufgabe war es, das Areal mit einem modernen Wohn- und Geschäftshaus zu überplanen, das den urbanen Charakter des Güterbahnhof-Areals widerspiegelt. Das Gebäude soll einen breiten Wohnungsmix bereithalten, so dass für alle Lebensstationen geeignete Wohnungen geschaffen werden. Zu den Programmanforderungen gehören unter anderem eine nachhaltige und prägende städtebauliche und architektonische Ausformung sowie Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität im urbanen Umfeld, ein schlüssiges Parkierungs- und Erschließungskonzept integriert in eine effiziente, ökologische und zukunftsorientierte Konzeption.
Aufgrund seiner Größe muss das Projekt eine Nachhaltigkeitszertifizierung als Voraussetzung für den Erhalt von Landesfördermitteln für geförderten Wohnungsbau aufweisen. Vor diesem Hintergrund hat die FSB gemeinsam mit dem Karlsruher Ingenieursbüro ikl ein Bewertungstool, den Nachhaltigkeitscheck, für die frühen Planungsphasen entwickelt, welches zum ersten Mal bei dieser Mehrfachbeauftragung zur Anwendung kommt. Die Impulse für die Ausprägung der ökologischen, soziokulturellen und nachhaltigen Aspekte erfolgen bereits in der frühen Planung und bilden den Schwerpunkt bei der Entwicklung zukunftsorientierter und moderner Projekte. Daher wird die FSB künftig das entwickelte Bewertungstool bei der Vorprüfung in Wettbewerbsverfahren anwenden.
Dabei müssen Bauvorhaben ein breites Spektrum an Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, beispielsweise das Zusammenspiel von Ökologie, Ökonomie, soziokulturellen Aspekten sowie technischen und prozessualen Qualitäten. Durch das neue Tool bekommt das Thema Nachhaltigkeit größere Sichtbarkeit von Beginn des Verfahrens an. Weiterhin ist es ein guter Indikator, in welchen Bereichen der jeweilige Entwurf Potentiale in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte aufweist. Dies ist deshalb wichtig, weil alle Bauvorhaben ab 101 Wohneinheiten gemäß Förderbestimmungen der Landeswohnraumförderung BadenWürttemberg in der weiteren Planung ein Nachhaltigkeitszertifikat eines für den Wohnungsbau anerkannten Systems aufweisen müssen.
Der Siegerentwurf des Wiener Büros AllesWirdGut Architektur ZT GmbH setzt den städtebaulichen Duktus des Stadtteils Güterbahnhof Nord konsequent fort und bietet eine klare Kante zur Neulindenstraße sowie einen weichen Übergang zum Innenhof. Die Reihung von Punkthäusern mit unterschiedlicher Ausprägung verleiht dem Entwurf Lebendigkeit. Mit dem abgesetzten Punkthaus im Nordosten setzt es einen städtebaulichen Abschluss und nimmt gleichzeitig die Körnung eines Stadthauses auf. Die markante Fassadengestaltung in Rottönen unterstreicht die städtebauliche Ausformung und knüpft mit ihrer Farbgebung an die historischen Gebäude der Stadt an. Die erdgeschossige Gewerbezone wird durch eine robuste Klinkerfassade betont. Durch das flexible Nutzungsangebot im Erdgeschoss mit Atelierwohnungen lassen sich Büros oder Läden mit Wohnräumen kombinieren. Die im Quartier angelegte Grundstruktur des - an definierten Stellen unterbrochenen - Blockrands wird weitergeführt. Der 5- bzw. 6-geschossige Massivbau aus Dämmziegelmauerwerk nimmt unterschiedliche Maßstäblichkeiten und Höhen der Umgebung geschickt auf.
Der Innenhof gliedert sich durch das hofseitige Herausdrehen der einzelnen Stadthäuser in drei unterschiedliche Grünräume, die sich von öffentlich nach halböffentlich zu privat abstufen. Ein Großteil der Wohnungen ist zur sonnigen Südwestseite ausgerichtet, die hofseitigen Wohnungen sind nach Osten aufgefächert - so können die Räume gut belichtet werden. Viele Wohnungen sind durchgesteckt oder über Eck organisiert.
Das Büro AllesWirdGut erfüllt die Nachhaltigkeitskriterien unter anderem durch eine kompakte und robuste Gebäudehülle, simple Gebäudetechnik, Maximierung von PV-Flächen, Anschluss an das vorhandene Wärmenetz sowie durch ein nachhaltiges Wassermanagement.
Laut Jury überzeugt der Siegerentwurf vor allem durch seine städtebaulichen Qualitäten: „Die städtebauliche Idee mit einem Ensemble von fünf Häusern und Hof gewährleistet eine gute Orientierung sowie Individualität und Vielfalt im Kleinen und damit das Potenzial für eine hohe Identifikation der Bewohnerschaft mit den Gebäuden. Die Eckausbildung des Entwurfs bildet ein sehr gutes Entrée in den Stadtteil“, so die Begründung der Jury.
Die beiden Geschäftsführungen der FSB, Dr. Magdalena Szablewska und Dr. Matthias Müller, ergänzen: „Neben den städtebaulichen Qualitäten überzeugt die Konzeption mit einzelnen Stadthäusern durch ihr Potenzial für gute Nachbarschaften und mit einer Freiraumgestaltung, die durch geschickte Positionierung und Auffaltung der Fassade zum Innenhof vollkommen natürlich von öffentlich bis privat gegliedert ist.“
Auf Grundlage des Siegerentwurfs werden in den nächsten zwei Jahren die Planungen fortgeführt. Baubeginn könnte Mitte 2027 sein, wenn der aktuelle Pächter dort das Gelände verlässt. Von einer Fertigstellung wäre dann zwei Jahre später auszugehen.